Jelli meistert 1880km beim Silk-Road Mountain Race

Das 1880km lange Silk Road Mountain Race durchs kirgisische Hochland ist eines der Sehnsuchtsrennen der sog. “unsupported Ultrabikepacking”-Szene. Dort geht es darum ohne Hilfe von außen Distanzen über mehrere hundert, teils tausende Kilometer im Rennmodus und “nonstop” zurückzulegen. Jelena Helmreich hat dieses Abenteuer gewagt und kam dabei auf Gesamtplatz 19 und als dritte Frau nach 9 Tagen und 8 Stunden ins Ziel.

Die Strecke des Rennens führt über 1880km durch die abgelegenen Bergregionen Kirgistans und gilt mit ihren rund 30.000 Höhenmetern in Regionen bis 4000 Metern über dem Meeresspiegel als eines der härtesten Ultrarennen der Welt. Dabei müssen die Fahrer Temperaturen von -10° bis 45°C, Wetterumstürze und der dünnen Luft auf rund 3-4000 Metern für mehrere Tage am Stück trotzen. Schotterstraßen mit endlosen ‚Wellblech‘-Passagen, holprige Trails und Pässe, die von Geröll fast unpassierbar gemacht worden sind, und mehrere Flussdurchquerungen mit eisigem Gletscherwasser sind Teil der Strecke. Stundenlanges tragen und schieben des Rades gehören hier zum Alltag, um die rauen Pässe zu überwinden. Die Teilnehmer sind dabei komplett auf sich gestellt. Typisch für ein ‚unsupported‘ Rennen muss alles Notwenige am Fahrrad selbst transportiert werden darunter Zelt, Schlafsack und alle Klamotten sowie Medikamente, elektronische Navigationsgeräte usw. Auch um die Verpflegung muss sich selbst gekümmert werden. Dabei werden die kleinen Läden vor Ort genutzt, die Fahrer packen hier ihre Taschen voll. Alle paar hundert Kilometer sind kleinere Dörfer mit entsprechenden Verpflegungsmöglichkeiten erreichbar. Von einer gesunden Ernährung kann hier aber nicht gesprochen werden. Bei Tagen mit bis zu 18h im Sattel bilden Snickers, Eis, Kekse, Cola und Eistee oder auch mal Brot und Käse die Hauptnahrung.
Jelena Helmreich liebt die extremen Wettkämpfe. Im vergangenen Jahr beim Extrem-Triathlon in Norwegen am Start, suchte sich die Triathletin des La Carrera TriTeams aufgrund von Verletzungspech vor einigen Monaten eine neue Herausforderung. Erst im Mai entschied sie sich für das Rennen in Kirgistan, nachdem sie einen Start beim Challenge aufgrund einer langwierigen Laufverletzung absagen musste. „Die Vorstellung allein in dieser atemberaubenden wilden und mächtigen Natur unterwegs zu sein, hat mich gereizt und nicht mehr losgelassen. Auf meinem Fahrrad bin ich am glücklichsten und es gibt mir so viel Kraft. Tage lang und aus eigener Kraft eine solche Distanz zu überwinden, schien für mich der richtige ‘Urlaub’.“ Es war das erste Rennen dieser Art für sie, entsprechend musste zunächst mal das das nötige Equipment organisiert werden. Ihr altes Mountainbike wurde technisch auf Vordermann gebracht und mit einem Nabendynamo, Licht und Laderegler für die elektronischen Geräte sowie Taschen und passender Kleidung und Schlaf-Utensilien wie Daunenschlafsack und Leichtgewichtszelt ausgestattet. Vor vier Jahren war Jelena mit ihrem Mann Mirco schon einmal auf großer Radreise von Bangkok nach Deutschland unterwegs, damals freilich mit viel mehr Gepäck und anderen Rädern. Zumindest wussten sie dadurch schon von den Begebenheiten vor Ort in Kirgistan.
Wie motiviert man sich immer wieder weiterzufahren während eines solchen Rennens? „Ich war einfach unglaublich dankbar die Möglichkeit zu haben in ein solches Land zu reisen und mich dieser Herausforderung stellen zu dürfen. Das habe ich mir unterwegs immer wieder gesagt. Ich habe versucht so gut es ging alles zu genießen und Spaß zu haben. Dabei stand der Renncharakter für mich tatsächlich im Hintergrund.“
Was waren die härtesten Momente? „Es gab einen Tag an dem ich extremen Gegenwind hatte, so dass ich kaum vorangekommen bin, obwohl es bergab ging. An diesem Tag habe ich mich dann frustriert schon um 19 Uhr ins Zelt gelegt, nur um dann gegen Mitternacht aufzustehen und weiterzufahren, in der Hoffnung weniger Wind in der Nacht zu haben. Das hat auch gut funktioniert, leider bin ich dann bei einer Flussdurchquerung hängenblieben und meine Schuhe wurden komplett nass. Auf 3000 Metern bei -10° und der Aussicht auf den Sonnaufgang in ca. 5h nicht sehr angenehm. Da hilft nur gut zureden und weiter treten, bis die Sonne aufgeht.“
Was war der schönste Moment? „Ich bin einmal, auch wieder sehr früh so um 2 Uhr, weitergefahren. Beim Schieben und Schleppen meines Rades über den Pass auf 3800Metern war ich dann von der Strecke so genervt, dass ich mich für einen kurzen Moment mitten in die Steine gelegt und nach oben gestarrt hab. Der Sternenhimmel inmitten der Berge hat mich dabei sofort in seinen Bann gezogen, diesen Moment werde ich nie wieder vergessen.“
Ein ganz besonderes Abenteuer liegt hinter Jelena. Ihr Motto dabei: „’Be happy -be strong’ – Sei glücklich dann bist du stark! Und dass es sich lohnt immer weiterzugehen, jeder steinige und steile Weg endet irgendwann und wird mit Glück zu einer der tollsten Straßen, die du je gesehen hast.”

Fotos von Nils Längner und Chris McClean

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